„Deutsche Urlauber haben die Romantik (wieder) entdeckt.“, sagt Astrid Buchwieser und gerät ins Schwärmen. Denn die neuen Sehnsuchtsortsorte der Deutschen liegen im eigenen Land, an der Romantischen Straße zwischen Würzburg und Füssen.
Die älteste deutsche Ferienstraße mit ihren mittelalterlichen Städtchen, alten Burgen und zauberhaften Landschaften, Flüssen und Seen erlebt gerade einen neuen Boom. Mittendrin am Dreh- und Angelpunkt der Route, in Augsburg, sitzt Astrid Buchwieser, die stv. Tourismusdirektorin von der Regio Augsburg, und vermarktet nicht nur die Fugger und Welser, sondern auch die Romantische Straße.
Die Romantische Straße erlebt ein Revival
„Immer mehr Deutsche wollen wissen, wo die großen Romantiker wie König Ludwig, Giovanni Tiepolo, Carl Spitzweg, Balthasar Neumann und Tilman Riemenschneider gelebt und gearbeitet haben“, stellt Buchwieser fest. Dazu kommt: „Der Kini“, wie die Bayern ihren König Ludwig, den wohl größten aller Romantiker, liebevoll nennen, dürfte mit einer spektakulären Landesausstellung 2011 zu seinem 125-jährigen Todestag auf Herrenchiemsee zum neuen Interesse an der Romantischen Straße beigetragen haben. Ein Revival für die älteste Ferienstraße.
Die Urmutter allen Reisens
Denn genau genommen ist die Romantische Straße überhaupt die Urmutter allen Reisens. Schon vor 2000 Jahren kamen die ersten Fernfahrer aus dem Süden – in Gruppen und mit schwerem Gepäck. Die Romantische Straße hieß damals Via Claudia und war eine Heeresstraße, die Augsburg mit Italien verbunden hat. Kaiser Augustus hatte damals seine Legionen über die Alpen in den hohen Norden geschickt, um das Land der Vindeliker zu erobern.
Als die Römer nach Augsburg kamen
Im Augusta Vindelicorum errichteten die Besatzer ihr erstes Militärlager und noch heute begegnet man in Alt-Augsburg den Römern auf Schritt und Tritt. Majestätisch grüßt der Kaiser vom Augustusbrunnen auf dem Rathausplatz. Über die historische Via Claudia führt die Romantische Straße von Augsburg bis zu ihrem Endpunkt in Füssen. Südlich von Landsberg sind heute noch Reste der früheren Heeresstraße vorhanden. Auch der nördliche Streckenabschnitt von Würzburg bis Augsburg ist keine künstliche Konstruktion auf dem Reißbrett der Tourismusmanager. Hier reist der Romantiker auf den wichtigsten Handelsstraßen des Mittelalters.
Im Land des Barock und Rokoko
28 Mitgliedsorte der Arbeitsgemeinschaft Romantische Straße vermitteln heute auf rund 400 Kilometern Einblicke in ein Land des Barock und Rokoko, wo neben großartiger Pracht auch viele Kleinode am Wegesrand liegen. An der Würzburger Residenz, an der Altstadt von Rothenburg und am romantischen Schloss Neuschwanstein führt kein Weg vorbei. Aber wer weiß schon, dass die Rettung von Tiepolos Götterhimmel in Würzburg dem amerikanischen Besatzungsoffiziers Skilton zu verdanken ist?
Sonnenuhren und Igelbraten
Daneben gibt es viel Sehens- und Wissenswertes für den zweiten Blick. Auf dem Sonnenuhrenweg im kleinen Röttingen zum Beispiel wird die Zeit von der Sonne bestimmt und die Schillingsfürster haben ihren Igeljägern ein Denkmal gesetzt, mit dem sie an ihre Jenische Bevölkerung erinnern. Dass die besten Trüffelpralinen weltweit und der knusprigste Karpfen der Region aus der Festspielstadt Feuchtwangen kommen, mag Geschmackssache sein, ist aber kein Zufall. In Franken versteht man einfach viel von gutem Essen und Trinken. Oder viel von einfach gutem Essen? Wie man`s nimmt.
Die kühne Idee eines Augsburger Bürgermeisters
Zugegeben: Es war 1950 schon eine ziemlich kühne Idee des Augsburger Bürgermeisters Ludwig Wegele, so kurz nach dem Krieg die Romantische Straße zu gründen. Der Politiker wollte nach den schlimmen Zeiten vor allem den amerikanischen Soldaten und ihren Familien ein anderes, ein freundliches Bild von Deutschland zeigen. Die Amerikaner kamen und nach ihnen die Japaner. Jahrzehntelang waren sie die verlässlichsten Besucher nicht nur im mittelalterlichen Rothenburg. Deshalb ist die Romantische Straße auch auf Englisch und Japanisch ausgeschildert.
Romantische Gefühle beim Reisen erleben
Die wirklich echten Romantiker aber sind und bleiben die Deutschen selbst. Weil sich die Gefühle, die mit der Romantischen Straße verbunden sind, nicht in eine fremde Sprache übersetzen lassen. „Romantische Gefühle haben mit Identität, Kultur und Heimat zu tun. Und auch ein bisschen mit Kitsch für die Seele“, glaubt Tourismusfrau Buchwieser und freut sich über die deutschen Besucher ganz besonders. Romantik ist Tiepolo, ist Spitzweg, ist Riemenschneider, ist König Ludwig, ist Balthasar Neumann. Wer diesen Romantikern begegnen will, kommt an der Romantischen Straße nicht vorbei.
Gut zu wissen:
Romantische Straße. 28 Mitgliedsorte zählt die rund 400 Kilometer lange Straße zwischen Würzburg und Füssen. Sie ist dem Bus und Auto (410 Kilometer), zu Fuß (460 Kilometer) oder per Fahrrad (480 Kilometer) zu erleben.
Literatur. Romantische Straße, Grebennikov Verlag, Berlin 2012, 244 Seiten, 14,90 Euro, www.grebennikov.de, www.explorise.de
Busreise. Die deutsche Touring Linie EB 190 (Europabus) fährt täglich von April bis Oktober die Linie Würzburg – Füssen – Würzburg mit Halt an allen Orten der Romantischen Straße. Die Fahrt kann beliebig unterbrochen und fortgesetzt werden. Fahrradmitnahme möglich. Informationen: 069 719126-268 /261, www.romanticroadcoach.de
Nostalgiereisen. Organisierte 4-Tages-Reisen im Stil der 50er Jahre werden im Oktober und Mai angeboten. Kosten 579 Euro. Die Fahrt findet im Nostalgiebus Neoplan NH 6/7 statt.
Information. Romantische Straße, Touristik-Arbeitsgemeinschaft, Segringer Straße 19, 91550 Dinkelsbühl, Tel. 09851 551387, Fax 551388, info@romantischestrasse.de, www.romantischestrasse.de